Und warum chronisch kranke Menschen häufig besser mit Krisen umgehen können?
In den letzten Wochen konnte man betreffend des Verhaltensrepertoires der Menschen die gesamte Bandbreite beobachten. Von totaler Verzweiflung und Resignation bis hin zum Erkennen von neuen Chancen und Möglichkeiten war wohl alles dabei.
Wie ein Mensch in einer Krisensituation, welcher Art auch immer, reagiert, lässt sich meiner Meinung nach auf seine Resilienz zurückführen. Damit ist gemeint, wie hoch die "psychische Widerstandsfähigkeiten ist, Krisen zu bewältigen und sie durch Rückgriff auf persönliche und sozial vermittelte Ressourcen als Anlass für Entwicklungen zu nutzen." (Wikipedia)
Prof. Dr. Jutta Heller bezieht sich mit ihren "Sieben Säulen der Resilienz" auf die Resilienzfaktoren nach Reivich und Shatté (2002).
Diese Säulen der Resilienz sind:
Optimismus: daran glauben, dass Krisen zeitlich begrenzt sind und überwunden werden können
Akzeptanz: Annahme der Situation
Lösungsorientierung: nach Lösungen suchen und mit Stress umgehen
Opferrolle verlassen: man ist sich seiner Stärken bewusst und interpretiert die Situation auf angemessene Art und Weise
Verantwortung übernehmen: Verantwortung für das eigene Tun übernehmen
Netzwerkorientierung: pflege eines stabilen solzialen Umfeldes
Zukunftsplanung: durch gute Vorbereitung, sich vor den Wechselfällen des Lebens schützen; realistische Sicht des Entwicklungspotentials
Ich denke, dass vor allem viele Menschen mit jahrelangen chronischen Erkrankungen hier bereits sehr viel Kompetenz aufbauen konnten.
Menschen mit massiven körperlichen Einschränkungen, wie sie zum Beispiel bei ME/CFS vorkommen, (Grippesymptome, Schmerzen, POTS, Belastungsintoleranz, PEM, extreme Muskelschwäche bis hin zur Bettlägrigkeit, usw.) kennen die jetzigen "Ausgangsbeschränkungen" in einer anderen Form bereits aus der Vergangenheit. Ihre körperliche Verfassung lässt es häufig nicht zu, das Haus zu verlassen, Freunde/Familie zu treffen, am sozialen Leben teilzuhaben und das über Monate und Jahre. Schwerstbetroffene sind sogar voll pflegebedürftig und bettlägrig.
Wenn man unter diesen Umständen keine Resilienz entwickelt, könnte man vermutlich sein Leben gar nicht mehr weiterführen.
Viele ME/CFS Betroffene sagen, dass sich in der "Coronazeit" an ihrem täglichen Leben kaum etwas verändert hat.
9 Dinge, die man in schwierigen Zeiten tun kann, um in seiner Mitte zu bleiben?
In all den Jahren mit meiner Erkrankung haben mir folgende Verhaltensweisen geholfen, die ich gerne auf die jetzige Situation umlegen und mit euch teilen möchte:
Die Situation, die ich momentan nicht ändern kann, annehmen, wie sie ist
Negative Gedanken stoppen und aus der Negativspirale aussteigen
Gut für sich selbst sorgen, um in einen anderen "State" zu kommen: Was motiviert mich? Was tut mir gut?
Den Fokus verändern: sich selbst konstruktive Fragen stellen: Wofür bin ich dankbar? Was liebe ich an meinem Leben? Worauf bin ich stolz?
Einen Perspektivenwechsel durchführen: zeitlich: z.B. am Lebensende: Wie würde ich am Lebensende diese jetzige Situation bewerten? aus der Sicht eines Mentors: Was würde ein guter Mentor mir darüber sagen?
Sich bewusst machen, dass man manchen Menschen, trotz der Distanz, näher ist als sonst
Die Zeit nutzen, um verschiedenen Lebensbereiche zu reflektieren: Lebe ich mein Leben? Meine Mission? Mach ich meinen Job nur wegen des Geldes? Lebe ich die Beziehung, die ich mir wünsche?
Dort ins Handeln zu kommen, wo es auch in dieser Zeit möglich ist: z.B. einen Onlinekurs buchen, den ich schon immer machen wollte; Texte schreiben; meditieren; die Natur genießen; gesundes Essen kochen; Menschen anrufen
Pläne für die Zeit nach der Krise machen
Ich wünsche euch von Herzen, dass ihr alle gut durch diese Zeit kommt! Das Ende der Ausgangsbeschränkungen ist ja zum Glück in Österreich schon absehbar.
Bitte beachtet den medizinischen Haftungsausschluss im Impressum meiner Homepage!
Comments